Das Getrag-Lager
,Lange her sind die Zeiten, in denen Mütter zu Hause blieben und sich um den Nachwuchs kümmerten und die Väter den Großteil ihrer Tage beim Arbeitgeber verbrachten, um das tägliche Brot für die Familie zu sichern. Drum kennt heute auch fast jede Familie das Problem, das sich ergibt, wenn die Kinder spätestens ab der Grundschule 12 Wochen Ferien pro Jahr haben, den Eltern aber jeweils nur 28 Tage Urlaub zur Verfügung stehen. Nicht jede Familie kann dann auf rüstige Omas und Opas zurückgreifen, die den Nachwuchs betreuen.
In Untergruppenbach, einer ca. 8000 Einwohner zählenden Gemeinde im Speckgürtel von Heilbronn ruft das Rathaus jedes Jahr Vereine und Organisationen auf, doch bitte in den Sommerferien irgendetwas Spannendes für Kinder zu organisieren. Es ist zugegebenerweise schon ein paar Jahre her, dass sich der Stamm Stettenfels mit dem „Getrag-Lager“ an diesem Kinderferienprogramm beteiligt hat.
Am Ortsrand von Untergruppenbach ist eine große Firma angesiedelt, die Getriebe für Fahrzeuge entwickelt. In Kooperation mit dieser Firma und der Gemeinde wurde dann das Getrag-Lager entwickelt. Das funktionierte so:
Über’s Kinderferienprogramm wurde das Lager ausgeschrieben. Anmeldung lief über das Rathaus. Bereits im Vorfeld war vereinbart, dass ein Teil der Plätze von Untergruppenbacher Kindern belegt wird und ein anderer Teil von Kindern von Getrag-Mitarbeitern. Die Firma Getrag stellte eine kleine Wiese auf dem Firmengelände zur Verfügung. Sanitäranlagen durften in der Firma genutzt werden und das Mittagessen kam aus der Firmenkantine (das musste wohl bezahlt werden, aber zur Finanzierung später mehr). Der Stamm stellte sonntags auf dem Gelände der Firma eine Jurte auf. Von Montag bis Freitag brachten dann Eltern ihre Kinder morgens um 8 Uhr zu dieser Jurte und holten sie abends um 17 Uhr dort wieder ab. Den ganzen Tag über wurden die Kinder im Alter von 6 – 11 Jahren dann vom Stamm betreut.
Das Programm war eigentlich genauso wie bei jedem Stammeslager auch: Workshops, Geländespiele, Wanderungen, Stockbrot am Lagerfeuer, Singerunden… So, wie das halt jeder von uns kennt. Meistens mit einer Spielgeschichte dazu (die von den Kindern angefertigten Gemälde zum Thema „Kleiner König Kalle Wirsch“ zieren noch heute die Wände der Getragunterführung, die zum Firmengelände führt).
Großer Unterschied: Zum Schlafen ging jeder heim. Somit mussten die Eltern nix in Lagerausrüstung wie Schlafsack und Rucksack investieren. Die Kinder wurden morgens ausgeschlafen und frisch gewaschen bei den Pfadfindern abgeliefert und nach Feierabend müde und dreckig dort wieder abgeholt. Am Samstag drauf baute der Stamm die Jurte wieder ab.
Riesenvorteil für die Eltern: Sie konnten ihre Kinder morgens quasi mit zur Arbeit bringen und nach Feierabend wieder mitnehmen. Ergo war die Betreuung gesichert und die Urlaubstage gespart.
Riesenvorteil für den Stamm: j´Jedes Jahr blieben einige der Kinder in der Meute hängen. Da das Lager vor Ort war, entstanden keine Fahrtkosten. Der Lagerplatz hat auch nix gekostet. Jedes Stammesmitglied hat zu Hause geschlafen und dort geduscht. Ein festes Stammpersonal hat das Lager geplant und war täglich für die Kinder da, aber es gab auch die Möglichkeit für ältere Stammesmitglieder nur an einzelnen Tagen mitzuhelfen. Die Eltern haben einen gewissen Lagerbeitrag bezahlt. Damit wurde Bastelmaterial und Essen finanziert, eine Kleinigkeit blieb auch für den Stamm übrig. Die Kinder bekamen Frühstück vor Ort, Mittagessen über die Kantine (die auch mal Mittagessen für draußen fabriziert hat, das dann in Form von Schnitzelweck oder ähnlichem in den Wald zum Geländespiel transportiert wurde), einen Snack am Nachmittag, das Abendessen wurde dann wieder zu Hause in der Familie gegessen.
Petra Stelzner-Hanusch (Löfre)
Foto: Jan Wicke
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