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Panik – YouTube wird abgeschaltet und schuld ist die EU. Klare Sache, oder?

2018 hat sich viel getan; die Europäische Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, ist anwendbar geworden* und ein neues europäisches Urheberrecht ist in Planung. Beide Gesetzesvorhaben der Europäischen Union haben für viel Verwirrung und für handfeste Panik gesorgt. So hat ein Video auf YouTube innerhalb von zwei Wochen 3,7 Millionen Klicks bekommen – kein Wunder, schließlich sagt das Video nichts Geringeres voraus als YouTubes Ende. Und schuld soll sein, wer hätte es gedacht, die Europäische Union.

Aber stimmt das?

Auslöser für die ganze Aufregung ist ein neues europäisches Gesetz, das in Zukunft das sog. Urheberrecht neu regeln soll.

Bei den Urheberrechten handelt sich um Rechte, die man erwirbt, wenn man ein sog. Werk schafft. Werke sind das Ergebnis eines schöpferischen Aktes. Das klingt etwas komisch, meint aber regelmäßig nichts Seltsames. Gemeint sind Fotos, gemalte Bilder, das in der Gruppenstunde gedrehte Video, genauso wie der selbst geschreinerte Tisch. Die Urheberrechte an solchen Werken schützen die Schöpferinnen und Schöpfer, also die Urheberinnen und Urheber, auf verschiedene Art und Weise, zusammengefasst kann man sagen: Urheberrechte schützen davor, dass andere das eigene Werk als ihres ausgeben, unerlaubt nutzen und vielleicht auch noch Geld damit verdienen.

Das Urheberrecht ist keine neue Erfindung. In Zeiten des Internets** ist es aber so leicht geworden, digitale Inhalte, die als geistiges Eigentum jemandem gehören können, zu teilen und zu verbreiten, dass das Urheberrecht radikal erneuert werden musste (zumindest meinen das manche). An dieser riesigen Aufgabe versucht sich daher aktuell die EU.

Der aktuelle Gesetzesvorschlag sieht allerdings insbesondere eine Regelung vor, die auf ganz viel Kritik gestoßen ist: Nach Art. 13 des Gesetzesvorschlags sollen auch Plattformbetreiber, so wie Facebook, Instagram und eben auch YouTube, künftig bei jedem einzelnen Inhalt, der hochgeladen wird, prüfen, ob Urheberrechte verletzt werden. Händisch ist das gar nicht zu meistern, weshalb sog. Upload-Filter zum Einsatz kommen sollen, also eine Software, die erkennen können soll, ob eine solche Verletzung vorliegt oder nicht. Wie wir alle nicht zuletzt aus dem Kino wissen, ist aber keine Software unfehlbar – auch Computerprogramme machen Fehler. Die Angst, es könnten Unmengen an Inhalten fälschlicherweise von der Veröffentlichung ausgeschlossen werden, ist da.

Ist diese Sorge mit Hinblick auf das neue Gesetzesvorhaben aber auch berechtigt? Droht uns wirklich das Ende der home made videos, der grenzenlosen Kreativität und vielleicht sogar der Meinungsfreiheit?

Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Um mir eine eigene Meinung bilden zu können, die nicht nur meinem Bauchgefühl entspricht, müsste ich wirklich viel Zeit in diese Frage investieren, weil es eben sehr kompliziert ist. Ist das ein Problem? Vielleicht. Klar ist es wichtig, nicht einfach auf die Güte und die Weisheit der Gesetzgeber zu vertrauen, seien es die lokalen, die nationalen oder die auf EU-Ebene. Die Öffentlichkeit kontrolliert die Gesetzgebung und damit die Ausgestaltung unserer Zukunft und gestaltet diese mit, indem sie dem Gesetzgeber auf die Finger schaut und ihre Meinung(en) kundtut. Gleichzeitig ist es auch wichtig zu verstehen, in welchen Fällen die eigene Meinung fundiert genug ist, also auf einem ausreichenden Wissensstock und Überlegungsvorgang beruht, um sie an die Stelle des Gesetzgebers stellen zu können.

Gleichzeitig heißt das aber nicht, dass man sich so lange aus der öffentlichen Diskussion raushalten muss, bis man sich eine ausreichend fundierte Meinung bilden konnte. Eine der zentralen Aufgaben der Politik ist es, dem Volk, also uns, die Informationen und Begründungen zu liefern, die wir benötigen, um die Vorhaben derselben Politikerinnen und Politiker beurteilen zu können. Sind wir also noch nicht so weit, als dass wir mit gutem Gewissen sagen könnten „Das ist aber eine ganz blöde Idee!“, müssen wir zumindest sagen können: „Warum macht ihr das genau so und nicht anders? Habt ihr bedacht, dass…?“.

Nun ist mir bewusst, dass diese Feststellung kein zufriedenstellender Abschluss dieses Artikels darstellen würde, daher möchte ich dir noch eines mitgeben:

Der Bundesarbeitskreis für politische Bildung hat am Grundkurs Mitte bereits eine Einheit zum Thema Meinungsbildung angeboten. Sie ist am Beispiel einer Stammesfahrt aufgezogen, ließe sich aber natürlich auch mit komplexeren Themen durchführen. Hast du Lust, diese Einheit vor der Europawahl mit deiner Sippe bzw. in deiner R/R-Runde durchzuführen? Schick uns eine E-Mail und wir helfen dir dabei, dein Engagement mit der Welt zu teilen: julia.obradovic@pfadfinden.de.

*Fun Fact: In Kraft getreten ist sie bereits zwei Jahre vorher im Mai 2016. Anwendbar und damit für Datenverarbeitungsvorgänge die maßgebliche rechtliche Vorschrift ist sie hingegen erst seit Mai 2018.

** Was? Es gab eine Zeit vor dem Internet? Jap. Die gab es!

 

Foto: Simon Vollmeyer

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