DSC02639
NEUE BRIEFE

Unterwegs als Bundesleitung

,
Stamm Robin Hood, Ottobrunn
LV Bayern

Unterwegs sein, weg sein, draußen sein – das ist ein großer Teil unserer Identität als Pfadfinder*innen. Das Neue, das Fremde zu erkunden und mit Rucksack und Kothe neues erkunden – mehr Pfadis geht nicht!

Entsprechend merkwürdig fühlt sich das Leben als Pfadfinder*in auf Bundesebene an. (Einige verwenden auch das Böse Wort „Papierpfadfinder*innen“, welches völlig ungerecht ist, immerhin arbeiten wir schon seit Jahren sehr digital!). Denn es stellt sich unweigerlich die Frage: Wie viel davon kann ich noch wegdenken, bevor es nicht mehr „pfadfinderisch“ ist?

Selbstredend sind auch wir Menschen auf Bundesebene viel unterwegs. Gezwungenermaßen eigentlich – streben wir doch an als bundesweit tätiger Pfadfinder*innenbund auch eine gleichmäßige Repräsentation innerhalb Deutschland an. So kommt unsere Bundesleitung auch aus allen Ecken des Landes – von Schleswig-Holstein/Hamburg bis Bayern, von Rheinland-Pfalz/Saar bis Berlin/Brandenburg. Demnach sind Termine im Bund immer mit erheblichen Strecken verbunden – zumindest für jene armen Bundesleitungsmenschis, die nicht zufällig in der Mitte Deutschlands wohnen (jaaa Rachel ich meine dich!). Und ja – natürlich arbeiten wir auch viel digital. Meistens sogar (wir kannten Zoom schon, bevor es cool war!).

Dennoch hat gerade Corona gezeigt: Der persönliche Kontakt ist unersetzlich. So sitzen wir nun an unzähligen Wochenenden (eine Lüge – sie sind zählbar. Als Bundesbeauftragter für Internationales sind es zwischen 15 und 20 Wochenenden im Jahr) jedes Mal auf’s Neue im ICE. Checken wiederholt den DB-Navigator (da kann man nicht meckern – die App ist wirklich zu empfehlen!) und finden heraus, dass die Strecke Fulda-Kassel immer noch gesperrt ist, die Umleitungsstrecke von einem vorausfahrenden Murmeltier belegt ist, der Zug noch die Sommerschienen drauf hat und zwei Ahornblätter den Bahnübergang Vellmar-Obervellmar belegen und daher summa summarum mit dann doch ansehnlichen 64 Minuten Verspätung der Anschluss leider nicht zu erreichen ist.

So steigen wir dann Freitagnachmittag in den Zug und machen uns das X-te Mal dieses Jahr auf den Weg in unser wunderschönes Bundeszentrum in Immenhausen (oder halt in irgendeine zufällige Stadt irgendwo in Deutschland in irgendein zufälliges Jugendzentrum/Herberge/Pfadizentrum/etc.), um uns mit den wunderbarsten Menschen zu treffen und uns ein Wochenende lang Gedanken zu machen über unseren tollen Bund. Das ist jetzt übrigens nicht falsch zu verstehen: In der Position zu sein, für die Pfadis reisen zu dürfen und sich so intensiv über unseren Bund Gedanken machen zu dürfen, ist ein Privileg, welches ich auf keinen Fall missen möchte! Ein Ehrenamt in der Bundesleitung des BdP ist mit das tollste, was du in deinem Pfadi-Leben machen kannst (Hust: Wir suchen übrigens noch einige Menschen auf Bundesebene…)

Zurück also zur eigentlichen Frage: Wie pfadfinderisch ist es im ICE zur Jugendherberge mit Vollpension zu fahren? Die Grenze zieht wohl jede Person für sich selbst. So ist es auch auf Sitzungen der Bundesleitung indiskutabel, dass wir selbstverständlich mit Kluft und Halstuch an unserem wohltemperierten (Haha – you wish! In der Regel eher stickig und dunkel) Konferenztisch sitzen. Wir schlafen nicht in der Kothe (zumindest nur sehr selten), aber selbstverständlich kommt niemand mit dem Rollkoffer zum Wochenende. Für mich persönlich hat sich der Begriff „unterwegs sein mit den Pfadis“ in den letzten Jahren fundamental verändert – und ist jetzt ganz dicke mit der Sitzplatzsuche im ICE und der obligatorischen Butterbrezel bei Yormas am Hauptbahnhof verbunden. Das Problem ist, wir sind am Ende einfach verdammt weit entfernt von dem, was uns alle zu den Pfadis gebracht hat: Mit der Meute durch die Wälder ziehen, im Matsch rum hüpfen und blöde Spiele spielen. Jede*r muss an dieser Stelle für sich selber entscheiden, welche Elemente wichtig sind, damit das Ehrenamt nicht zu einem Verwaltungsjob wird, sondern das bleibt, dass es ist: Pfadfinden.

Leon Matella

Bundesbeauftragter Internationales

Foto: Janno Hahn

0

Was denkst du?

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ausrechnen * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.