Wie Pegida ist der BdP?
,Mit nur einem Redebeitrag hat Fredde im vergangenen Jahr mein Bild des BdP erheblich geändert. Es war während der Bundesversammlung, als sie im Namen der Bundesleitung das Wort ergriff und den Begriff Interkonfessionalität erklärte. Erst jetzt, einige Monate später, wird mir bewusst, dass ich mit meinem neuen Bild des BdP nicht zufrieden bin.
Die Interkonfessionalität des BdP war für mich immer eines DER Markenzeichen unseres Bundes. Für mich war die Sache klar. Es gibt die größeren konfessionellen Bünde (die DPSG/PSG und den VCP), die entweder katholischen oder evangelischen Einfluss auf ihre Arbeit zulassen und dafür von der jeweiligen Kirche finanziell unterstützt werden. Und es gibt uns, den BdP. Interkonfessionell. Also zwischen den Konfessionen stehend und offen für alle. Egal ob für Christen, Muslime, Menschen buddhistischen oder jüdischen Glaubens oder Agnostiker und Atheisten. Beim BdP können sich alle treffen. Eben weil unser Bund sich kein religiöses Label verpasst und dadurch für Menschen aller Glaubensrichtungen und für Nichtreligiöse interessant bleibt.
Wenig Zuschüsse mit positivem Effekt
Der Haken an der Sache ist zwar, dass man für diese Offenheit weniger Geld für die eigene Arbeit zur Verfügung gestellt bekommt als die konfessionellen Pfadfinderbünde, die an die finanzstarken Kirchen gekoppelt sind; der BdP bekommt nur Zuschüsse aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Aber dafür bewahrt man einen Raum der kulturellen Verständigung und kann unabhängig von Interessen der Geldgeber eigene Schwerpunkte bei der Konzeption der Arbeit setzen. Das dachte ich auf jeden Fall.
Die Wahrheit ist jedoch, dass Interkonfessionalität leider etwas völlig anderes bedeutet. Die Konrad-Adenauer-Stiftung bezeichnet Interkonfessionalität als „Besinnung auf die gemeinsamen Kräfte der christlichen Konfessionen als Grundlagen einer geistigen und politischen Bewegung“.
Begriff ist eine Einschränkung
Es ist also nicht das Einbeziehen aller Glaubens- und Nichtglaubensrichtungen, sondern nur das Einbeziehen von Menschen evangelischen und katholischen Glaubens. Interkonfessionalität bedeutet eine meiner Meinung nach vollkommen überflüssige und willkürliche Einschränkung der
Ausrichtung des BdP.
Gerade in Zeiten der „Alternative für Deutschland“ und den Pegida-Aufmärschen sollte sich auch für uns als Bund und Verein die Frage stellen, was wir für eine erfolgreiche Integration zu leisten bereit sind. Bewegungen wie die AfD und Pegida liegt das gleiche Denkmuster zu Grunde wie dem
Begriff der Interkonfessionalität: Wir wollen unter uns bleiben! Das Abendland den Christen!
Radikale Konsequenz gefordert
Aber ist das das Bild, das wir alle mit unserem Bund verbinden? Ich bin jetzt schon viele Jahre im BdP aktiv und hatte auf keinem Stammeslager, auf keiner Landesaktion und auf keinem Bundeslager das Gefühl, dass der Bund ein anderes Verhältnis zur christlichen Religion pflegt als zu anderen Konfessionen. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass Konfessionszugehörigkeit für die meisten Mitglieder überhaupt keine Rolle spielt. Warum sollte also das Prinzip der Interkonfessionalität bei uns eine Rolle spielen? Warum sollten wir durch diese überflüssige Einschränkung Menschen von der Pfadfinderei ausgrenzen, statt mit ihnen zusammen am Lagerfeuer zu sitzen?
Meiner Meinung nach gehört §2, Absatz 3 der BdP-Satzung geändert und der Satz „Der Verein ist interkonfessionell.“ gestrichen. Ich bin für eine Gesellschaft, in der Vielfalt gefördert und nicht als Bedrohung empfunden wird. Ich bin für einen BdP, der aktiv bei der Gestaltung einer solchen Gesellschaft mithilft. Ich möchte mein altes Bild vom BdP zurück!
Dieser Artikel ist den Neuen Briefen #1 2015 erschienen.
Folgenden Erklärung hat Patti danach geschrieben.
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Zum Kontext dieses Artikels
Ich habe relativ spontan auf Nachfrage einen alten, noch unveröffentlichten Artikel umgeschrieben und den jetzigen Artikel verfasst. Der Artikel wurde zu der Hochzeit der Pegida-Demonstrationen geschrieben, was die Überschrift erklärt, aber sie nicht rechtfertigten soll. Die Überschrift sollte Aufmerksamkeit generieren, aber mit Abstand muss ich sagen: Sie war geschmacklos. Genauso wie der Vergleich von Pegida zur Interkonfessionalität. Natürlich ist das so nicht gleichzusetzen – ich habe diesen Artikel im Eifer des Gefechts geschrieben und diesen Vergleich damals nicht so schwer gewichtet. Das soll diesen Vergleich aber nicht entschuldigen!
Mein Hauptargument bleibt aber das Gleiche: Der Absatz, der schreibt, dass der BdP interkonfessionell ist, soll gestrichen werden. Er ist eine unnötige Verengung der Ausrichtung unseres Vereins, sendet gesamtgesellschaftlich ein fatales Signal und meiner Erfahrung nach spiegelt er auch nicht die Realität der BdP-Mitglieder wider. Lasst uns vielfältig sein und gemeinsam am Lagerfeuer sitzen und singen – egal ob oder was wir glauben!
Foto: Luke Pamer
Hi zusammen!
Zu Pattis Artikel hat sich auf “Mitreden”, der Diskussionsplattform für Bundesversammlungen (http://mitreden.pfadfinden.de/t/interkonfessionalitaet-des-bdp/45), ein Austausch zu Interkonfessionalität im BdP entsponnen.
An diesem Thema würde ich gerne in den nächsten Monaten weiterarbeiten – falls ihr also Lust habt, euch dort einzubringen, dann schreibt mir gerne unter christine(punkt)pollithy(at)pfadfinden(punkt)de.
HGP Chrissy
Hallo Patti,
ich bin ganz Deiner Meinung wenn es darum geht, daß der BdP offen für alle ist.
Doch ich störe mich nicht an dem Wort interkonfessionell. der Duden sagt dazu: das Verhältnis verschiedener Konfessionen zueinander betreffend. Die Konrad Adenauer Stiftung liegt mit ihrer Wortdefinition etwas daneben würde ich sagen. Ich finde den Satz gut in der Bundessatzung, weil er meiner Meinung nach explizit deutlich macht, daß wir halt nicht konfessionell gebunden sind.
Viele Grüße und Gut Pfad
Malte
Nun, ist es aber so das Konfession eigentlich nur die verschiedenen Lehren des Christentums meint, da Konfession ein rein Christliches Wort ist, ansonsten korrekt wäre das Wort “Denomination”.
Aber natürlich wird das Wort “Konfession” in Deutschland general als Synonym für alle Religionen benutzt.
Gut Pfad
Joshua
Hallo Patti,
man muss auch nicht unbedingt die Definition der Konrad-Adenauer-Stiftung übernehmen. “Confessio” kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “Bekenntnis”. Grundsätzlich ist das ein Wertegerüst, das eine Person, eine Gruppe oder eine Gemeinschaft miteinander verbindet und zu dem sie sich bekennen. Wir wollen offen sein für alle möglichen Bekenntnisse und keine Gruppen ausschließen.
Allerdings haben wir als BdP durchaus auch eigene Bekenntnisse, die nicht religiös, sondern freiheitlich-demokratisch orientiert sind. Sie drücken sich z.B. in den Bundesregeln aus. Wir erwarten z.B. von neuen Mitgliedern und Interessenten, dass sie sich mit diesen Bundesregeln identifizieren oder sie zumindest respektieren. Wir erwarten unter anderem, dass Mitglieder unterschiedlicher Herkunft, religiöser und sonstiger kultureller Hintergründe und unterschiedlicher Lebensentswürfe sich untereinander respektieren. Im Alltag wirken wir im Gruppenleben immer wieder daraufhin, so bildet sich ein gemeinsames Werteverständnis.
Wir können uns als BdP ruhig zu gemeinsamen Werten bekennen, denn sie halten die Gemeinschaft lebendig. Über Werte wird diskutiert und sie sind wichtig – aber sie sind auch nicht für alle Ewigkeiten zementiert.
gut pfad! eule
Hallo Patti,
ich bin dir sehr dankbar für deinen Artikel in den Neuen Briefen und habe länger darüber nachgedacht. Die Diskussion über den Begriff “Interkonfessionell” und wie wir ihn verstehen wollen, finde ich super spannend und wichtig.
Bei Wikipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Interkonfessionelle_Ehe findet man noch eine ähnliche und alternative Definition: “Gemeinsamkeit unterschiedlicher Konfessionen bzw. Denominationen innerhalb einer Religion”. Uns ist der Begriff als ein Begriff im christlichen ökumenischen Dialog geläufig. Das ist aber nicht die notwendige Eingrenzung. Genauso gut könnte damit die Toleranz und Gemeinsamkeit miteinander zwischen Sunniten und Schiiten im Islam gemeint sein oder zwischen verschiedenen buddhistischen Richtungen oder zwischen verschiedenen Ayurveda-Schulen.
Das finde ich richtig schick – wenn wir einen Rahmen anbieten, in dem Sunniten und Schiiten sich gefahrlos und freundlich einander begegnen und sich resepktieren, weil sie gerade nicht an religiöse Differenzen, sondern an gemeinsames Pfadfinden denken – denn können wir viel zum Weltfrieden beitragen.
Im Übrigen muss das Atheisten überhaupt nicht ausschließen – man kann sich doch sein Bekenntnis auch anders definieren und sich Natur, Schicksal oder Zufall als “höhere Macht” vorstellen (oder sonst noch was).
gut pfad! eure eule