Pfadfinder

Alles Theater oder was?

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Stamm Altai Maral, Celle
LV Niedersachsen
Szenenbild „Der Froschkönig“
Netradevas Weihnachtsmärchen 2014: Der Froschkönig

Im Kuhstall fing 1975 alles an. Die Meute von Koko hatte nach zwei Bränden in unserem alten Heim am Altenhäger Kirchweg kein Dach mehr über dem Kopf und musste nach Altenhagen in den leer stehenden Stall von Lettaus umziehen. Dort war es zwar fürchterlich kalt, aber es gab herrlich viel Platz zum Spielen. Es bot sich sogar an, eine Theater­bühne aufzubauen.
Um den Eltern zu zeigen, dass sich Wölflinge von äußeren Umständen nicht unterkriegen lassen, studierte man also von August bis Dezember die Aufführung eines Grimmschen Weihnachtsmärchens nach original Textvorlagen ein – mit ganz einfachen Mitteln, wenig elektrischer Beleuchtung und einem zugigen Zuschauerraum, der von zwei mobilen Propangasöfen beheizt war, aber mit großem Spaß und viel Kreativität. Die ersten Zuschauer waren begeistert, klatschten sich warm – die Theater-Idee des Stammes Altai Maral war geboren.

Zwei Jahre später kam es im Evangelischen Kinderheim bereits zur ersten öffentlichen Aufführung, der inzwischen zu Pfadfindern gewordenen jungen Schauspieler. Die Truppe nannte sich „Netradeva“ und wurde zur „Theatersippe“ des Stammes.
Wie jede andere Sippe ging man auf Fahrt und beteiligte sich an den pfadfinderischen Aktivitäten des Stammes, aber regelmäßig nach der Sommerfahrt drehte sich fast alles nur noch um die Vorbereitungen und Proben für ein Weihnachtsmärchen.

Immer waren und sind es bis heute die Originalfassungen der Märchen der Gebrüder Grimm, die den Inszenierungen zu Grunde liegen. Dazu werden Kostüme geschneidert, Kulissen gemalt, Lieder und Texte einstudiert und so mancher Celler Lehrer dürfte in den letzten Wochen vor Weihnachten schon manchmal verzweifelt sein, weil einige seiner Schüler einfach nur noch Theater und Pfadfinder im Kopf hatten, obwohl doch wichtige Klassenarbeiten anstünden. Aber Begeisterung und Engagement der Jugendlichen wurden und werden aus pädagogischer Sicht – gottseidank – nicht gebremst.

Wer bei den Proben und technischen Vorbereitungen einmal hinter die Kulissen schauen kann, wird eine ganz besondere Atmosphäre pfadfinderischen Zusammenlebens erleben. Hier geht es nicht um die künstlerische Interpretation von Texten oder die perfekte Inszenierung. Der Spaß am Zusammenspiel steht im Vordergrund. Das Wecken besonderer, noch nicht entdeckter Fähigkeiten eines jeden Protagonisten – sei es auf oder hinter der Bühne. Eine Aufgabe, die Spaß macht und herausfordert findet sich für jedes Sippenmitglied. Vom Kulissenbau, über die Bühnentechnik bis hin zur kreativen Textgestaltung ist für jeden etwas dabei. Das Besondere aber an der Backstage-Stimmung ist der fröhliche und zugleich freundliche Umgangston aller Beteiligten – trotz Zeitdrucks, Lampenfieber und inzwischen auch hoher persönlicher Anforderungen durch eine Art Theater-Disziplin.
Dass die Sippe Netradeva heute eine feste Institution im vorweihnachtlichen Angebot für die Kinder der Stadt Celle und des Kreises geworden ist, verdanken wir gerade und ganz besonders unserem vor zwei Jahren verstorbenen, ehemaligen Meuten- und Stammesführer Koko (Hans-Dieter Klemmstein), der durch Ideenreichtum und unermüdliche Arbeit Generationen von Kindern diese ganz besondere Form pfadfinderischen Gruppenlebens durch die Förderung von Kreativität beigebracht hat.

Auch im 39. Jahr war die Sippe Netradeva in dieser Vorweihnachtszeit wieder mit 15 Vorstellungen auf Tour und faszinierte die kleinen und großen Kinder der Stadt und des Landkreises Celle mit ihrer Inszenierung des Märchens „Froschkönig“. Der Geschichte über Vorurteile, Ausgrenzung, Vertrauen, Zuverlässigkeit und der Macht der Worte… Noch Fragen, was das mit Pfadfinderei zu tun hat?

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