BdP_2019-05-26_D5_09126
Der BdP und die Gesellschaft

Warum ist es so schwierig, Politik zu machen?

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Einige Menschen mit blau-gelbem Herzen engagieren sich nicht nur in unserem Bund, sondern sind auch politisch aktiv. Wir haben sie einmal nach diesem Engagement gefragt, was sie antreibt und wo sie Schwierigkeiten begegnen.

 

Frederik Börner (Freddy), Stamm Jean Monnet, Ottobrunn LV Bayern:

Seit wann und wie engagierst du dich politisch? Seit Dezember 2019 bin ich aktiv im Gemeinderat in Neubiberg. Davor war ich schon öfters bei Aktionen etc. dabei.

Kannst du einen typischen Arbeitstag/ein typisches Treffen schildern? Das ist in der Kommunalpolitik schwer zu beschreiben, weil viel ehrenamtlich abläuft. Grob würde ich sagen, gibt es Sitzungen, die müssen natürlich in der Fraktion inhaltlich vorbereitet werden und Anträge durchgegangen/erstellt werden. Deswegen ist viel Zeit davon lesen und diskutieren. Ich hab Glück, dass ich als Jugendreferent noch die Belange von Kindern und Jugendlichen mit vertrete. Da gründen wir gerade ein politisches Partizipationsgremium, das ist dann wieder viel mit Organisation und Kommunikation verbunden.

Was begeistert dich/was treibt dich an? Das Gefühl Entscheidungen treffen zu können, die das Leben der Menschen in der Gemein-de verbessern können. Das ist Jugendbeteiligung und Klimaschutz hauptsächlich.

Was sind für dich die größten Schwierigkeiten politischer Arbeit? Ganz Ehrlich: Zeitmanagement. Es gibt da so viele Möglich-keiten und Dinge, die angepackt gehören, aber das ist neben Arbeit und Studium schwierig.

 

Lena Bödeker, Stamm Barrakuda, Vaterstetten LV Bayern:

Seit wann und wie engagierst du dich politisch? Ich engagiere mich seit einem knappen Jahr in der Partei Die Linke.

Kannst du einen typischen Arbeitstag/ein typisches Treffen schildern? Meistens gibt es zum Ankommen eine „wie-geht-es-mir“-Runde, wenn neue Menschen in der Gruppe sind, dann natürlich eine Vorstellungsrunde. Und dann kommt es immer ganz darauf an, um was für eine Art von Treffen es sich handelt. Aktuell finden viele Wahlkampftreffen statt, bei denen wir überlegen wie und wo wir Wahlkampf machen möchten, Aufgaben verteilen und Strategien besprechen. Ansonsten gibt es Aktionstreffen, bei denen wir uns dann zum Flyern, zum Haustürwahlkampf oder auf Demos oder Kundgebungen treffen. Bevor der Wahlkampf los ging, hatten wir aber zum Beispiel auch einen Lesekreis, bei dem wir uns mit dem theoretischen Hintergrund der Kapitalismuskritik auseinandergesetzt haben. Zudem gibt es formalere Treffen, wie Kreis- und Orts-mitgliederversammlungen, bei denen häufig irgendwelche Posten gewählt werden. Aber nach allen Treffen darf das obligatorische Feierabendkaltgetränk natürlich nicht fehlen.

Was sind deine Aufgaben? Ich bin Ersatzdelegierte des Landesausschusses in Niedersachsen und koordiniere den Haustürwahlkampf in Göttingen. Und ansonsten bin ich einfach ein aktives Mitglied und bei verschiedenen Demos und Aktionen in Planung und Durchführung dabei.

Was begeistert dich/was treibt dich an? Auf der einen Seite begeistert mich, wie viel man in einer solchen Gruppe erreichen kann. Durch Bündnisarbeit (das bedeutet, wir schließen uns mit anderen Parteien und vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bezogen auf bestimmte Themen zusammen und planen gemeinsam Aktionen und Demos), aber auch allein als Partei können wir tatsächlich Dinge verändern und politischen Druck ausüben, selbst Die Linke, die ja eine relativ kleine Partei ist. Es macht unfassbar stolz, wenn man es tatsächlich schafft Ziele durchzusetzen. Außerdem mag ich es mich mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Werte und Wünsche für die Welt haben wie ich. Das inspiriert mich und lässt mich auf eine solidarischere, ökologischere Welt hoffen.
Auf der anderen Seite lese ich jeden Tag Dinge in der Zeitung, die mich wütend und traurig machen: Jeden Tag ertrinken Menschen im Mittelmeer und Deutschland und die EU könnten das ändern, tun es aber nicht. Der Klimawandel ist bald nicht mehr aufzuhalten und es passiert viel zu wenig, um das zu verhindern. Dafür einzustehen, dass sich diese und viele andere Dinge ändern, dafür bin ich in der Partei Die Linke.

Was sind für dich die größten Schwierigkeiten politischer Arbeit? Auf persönlicher Ebene: In politische Arbeit kann man unendlich viel Zeit stecken, ähnlich wie bei den Pfadis. Ich habe permanent das Gefühl, dass meine Zeit nicht ausreicht und dass ich noch so viel mehr machen könnte. Außerdem habe ich grade im Haustürwahlkampf oft die Sorge zu wenig zu wissen, das Programm zu schlecht zu kennen und damit die Partei schlecht zu repräsentieren. Aber das wissen ja auch alle Pfadis: Es geht nur durch learning by doing.
Abgesehen von der persönlichen Ebene sehe ich die größten Schwierigkeiten darin, dass sehr viele Menschen unfassbar frustriert und enttäuscht sind von der Politik. Diese Menschen zu erreichen ist unfassbar schwer. Nach 16 Jahren Merkel haben die Menschen das Gefühl, es ändert sich ja eh nichts, was es ja auch seit sehr langer Zeit nicht hat. Neue Visionen zu schaffen, Veränderung voranzutreiben und Menschen zu vermitteln, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes die Wahl haben ist schwierig.

Was glaubst du, könnte politische Arbeit erleichtern? Mehr Mut und Wille zur Veränderung in den Köpfen der Menschen hin zu einer ökologischeren, gerechteren Welt. Mehr Wissen darüber, was die Parteien tatsächlich vertreten, da ganz viele Menschen in Deutsch-land entgegen ihrer Interessen wählen. Mehr Empörung über Ungerechtigkeit und mehr Solidarität mit Menschen, denen es schlechter geht als einem selbst. Und mehr Wut gegenüber unfähigen und be-stechlichen Politiker*innen.

 

Fabian Matella, Stamm Robin Hood, Ottobrunn LV Bayern:

Seit wann und wie engagierst du dich politisch? Es hat bei den Pfadis mit der Organisation von meinen ersten U-18 Wahlen und der Forderung an die Politik, auch auf uns junge Menschen zu hören, begonnen. Richtig aktiv mit dem Thema Jugendpolitik und Absenkung des Wahlalters beschäftige ich mich, glaube ich, seit 2015. Und seit zwei Jahren versuche ich ein bisschen über den Pfadi-Tellerrand hinaus zu schauen und war unter anderen bei Architects for future und engagiere mich bei den Grünen. Seit den Kommunalwahlen im letzten Jahr bin ich als Mitglied des Gemeinderates tätig.

Kannst du einen typischen Arbeitstag/ein typisches Treffen schildern? Das ist schwierig. Es gibt keinen typischen Arbeitstag. Bei den Pfadis in Bayern versuchen wir mit PSG, VCP, DPSG und den Weltenbummlern eine gemeinsame Haltung zu entwickeln, um unsere Forderungen und Wünsche besser kommunizieren zu können. Dabei treffen wir uns je nach Bedarf als Arbeitsgruppe. Die Arbeit als Gemeinderat sieht da ein wenig intensiver aus. Wir treffen uns als Fraktion mindestens einmal im Monat: Jede*r ist Mitglied in einem Ausschuss (Themenspezifische Arbeit wie eine Expertengruppe) und im Gemeinderat. Alle Gremien treffen sich ein-mal im Monat. Um in der Sitzung mit diskutieren und Kompromisse vorschlagen zu können, muss man sich in die anstehenden Themen einarbeiten und diese gut vorbereiten.

Was sind deine Aufgaben? Ich glaube, dass habe ich grad eigentlich schon beschrieben. Aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass ich als Gemeinderat eine Stimme der Bürger*innen des Ortes bin und versuchen muss, mit den Menschen in Kontakt zu sein. Außerdem bin ich Experte für ein Thema: in meinem Fall alles, was mit Bauen auf oder in gemeindeeigenen Grundstücken zu tun hat.

Was begeistert dich/was treibt dich an? Mich motiviert der Aus-tausch und die Diskussion mit den Menschen und anderen Gemeinderatsmitgliedern. Dabei fasziniert mich immer wieder, wie einfach man Dinge dann manchmal doch lösen kann, wenn man nur darüber redet.

Was sind für dich die größten Schwierigkeiten politischer Arbeit? Immer alles im Blick zu behalten kostet viel Zeit. Und die Skepsis jungen Menschen gegenüber ist noch recht hoch. Hier müs-sen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Was glaubst du, könnte politische Arbeit erleichtern? Die Hürden für die Teilnahme an politischen Prozessen müssen sinken. Das beinhaltet zum einen die Bereitschaft von allen Seiten aufeinander zuzugehen und zum anderen das Absenken des Wahlalters, damit die Rolle junger Menschen in politischen Prozessen wichtiger wird.

 

Maximilian Wiemer, DPSG St. Johannes Lohmar, Diözesanverband Köln:

Seit wann und wie engagierst du dich politisch? Im Grunde schon seit 2013. Da wurde ich als Vertreter der DPSG in den örtlichen Jugendhilfeausschuss gewählt und war dort bis 2020 Vertreter der Jugendverbände. Im Jahr 2017 bin ich, vor der letzten Bundestagswahl, Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen geworden. 2018 wurde ich zum Vorsitzenden der AG 78 Jugendarbeit in Lohmar gewählt und hatte dieses Amt zwei Jahre inne. Bei der Kommunalwahl 2020 habe ich für den Stadtrat von Lohmar kandidiert. Zum Direkteinzug in meinem Wahlkreis fehlten mir acht Stimmen. Ich
bin dann auf Platz zwölf der Kandidatenliste der Grünen (wir haben mit 35 % der Stimmen 14 Stadtratsmandate erhalten) in den Stadtrat eingezogen. Auf der konstituierenden Sitzung des neuen Jugendhilfeausschusses wurde ich dann einstimmig, von allen Parteien und freien Trägern der Jugendhilfe, zum Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses
gewählt. Somit sitze ich derzeit im Stadtrat, bin Vorsitzender des Jugendhilfeausschuss und Mitglied im Ausschuss
für Umwelt und Klima in Lohmar. Der neu konstituierte Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises hat mich im Dezember 2020 zudem in den Jugendhilfeausschusses des Kreises für die DPSG gewählt, so dass ich auch hier derzeit aktiv bin.

Kannst du einen typischen Arbeitstag/ein typisches Treffen schildern? Als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses setze ich, in Absprache mit dem Jugendamt und dem Dezernenten, die Termine und die Tagesordnungen für die Sitzungen des Jugendhilfeausschusses fest. Daraufhin lädt das Jugendamt in meinem Namen die Ausschussmitglieder ein. Als nächstes lade ich zur Vorbesprechung für unsere Koalitionsfraktionen ein. Bei der Vorbesprechung gehen wir die Tagesordnung schon mal durch und bilden uns innerhalb der Koalitionsfraktionen eine Meinung zu den einzelnen Tagesordnungspunkten. Dann folgt die eigentliche Sitzung, durch die ich führe und die ich
moderiere. Hier debattieren dann alle zusammen zu den verschiedenen Themen und fassen Beschlüsse. Im Nachgang wird mir das Protokoll zur Freigabe und Unterzeichnung vorgelegt und dann wird es an die Ausschussmitglieder versendet. Im Jugendhilfeausschuss sitzen sowohl die Vertreter*innen der Parteien, die im Stadtrat vertreten sind, als auch Vertreter*innen der freien Jugendhilfe, also Jugendverbände, Wohlfahrtsverbände, Vereine und Organisationen,
die Jugendeinrichtungen in der Stadt betreiben.

Was sind deine Aufgaben? In erster Linie ist es mir als Jugendpolitiker bzw. Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses wichtig, dafür zu sorgen dass Kinder und Jugendliche die besten Voraussetzungen für
ihre Entwicklung haben. Dass ausreichend und gute Kitaplätze und Spielplätze in der Stadt vorhanden sind. Dass die Kids die Möglichkeit haben, sich in Vereinen und bei den Pfadis bestmöglichst entfalten zu können. Dass wir ein attraktives Jugendzentrum haben und dass es Treffpunkte für Jugendliche in den Stadtteilen gibt. Als Stadtratsmitglied ist es mir wichtig, mich für die Belange der Bürger*innen in meinem Stadtteil und für die Erhaltung unseres Stadtwaldes
einzusetzen. Auch die Themen Klimaschutz und Mobilität sind mir wichtig. Ich wohne in einer Kleinstadt mit 30.000 Einwohner*innen. Themen wie Car Sharing, Leihfahrräder und Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden sind Themen, die bei uns, im Gegensatz zu den Großstädten, gerade erst aufkommen und finanziert werden müssen.

Was sind für dich die größten Schwierigkeiten politischer Arbeit? Schwierig ist es manchmal den Bürger*innen die komplizierten Prozesse, die sich im Stadtrat abspielen, zu erläutern und zu erklären. Viele möchten einfache, schnelle Antworten haben und die Sachverhalte alle verstehen. Dies gestaltet sich allerdings, je nach Thema, nicht immer einfach. Manchmal muss man leider auch unattraktive Beschlüsse fassen, um zu guten Lösungen zu kommen. Oft gibt es nicht nur A oder B, sondern auch irgendwas dazwischen. Leider dauern viele Dinge, die die Politik beschließt, Jahre, bis sie fertig umgesetzt sind. Manchmal würde ich mir wünschen, dass die Leute ein wenig mehr abwarten und den Dingen Zeit geben umgesetzt zu werden oder sich zu entwickeln.

Was glaubst du, könnte politische Arbeit erleichtern? Ich glaube, oft fehlt vielen Leuten der Zusammenhang zwischen politischen Entscheidungen und deren Umsetzung. Vielen Leuten sind auch die Zuständigkeiten nicht klar. Dann wird der*die Bürgermeister*in oder eine spezielle Partei für etwas kritisiert, wofür sie gar nichts kann oder gar nicht verantwortlich ist. In der Kritik an politischen Entscheidungsträger*innen werden oft Klisches abgearbeitet und Vorurteile aufgegriffen. Mit der tatsächlichen politischen Arbeit der*des jeweiligen Entscheidungsträger*in setzen sich die wenigsten auseinander. Ich wünsche mir manchmal mehr Verständnis für das, was wir tun und beschließen. Gerade da wir als Kommunalpolitiker*innen auch alle ausschließlich ehrenamtlich tätig sind.

 

Titelfoto: Paavo Blofield

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