Bula-Leben0069
Traditionell und digital

Smartphones im Pfadfinderalltag

,
Stamm von Helfenstein, Koblenz LV Rheinland-Pfalz/Saar

Torben (16, Sippenführer und stellvertretender Stammesführer), Lennard (15, Sippling), Annika (12, Sippe Vikuna) und Jana (17, Meutenführerin und stellvertretende Stammesführerin) vom Stamm von Helfenstein (LV RPS) zum Umgang mit Smartphones in der Gruppenstunde und generell im Stammesleben.

Wie ist der Umgang mit Handys in eurem Stamm?

Lennard: Handys sieht man bei uns sehr wenig. Ich lasse mein Handy meistens zu hause, wenn ich zu den Pfadis gehe.

Gibt es in feste Regeln für den Umgang mit Handys?

Torben: Im Lager sollen nur Sippen- und Meutenführungen ein Handy mitnehmen. Es liegt dann aber ausgeschaltet in der Handykiste. So weiß im Notfall jeder, wo sein Handy ist. Es wird versucht, möglichst alles ohne Handy zu machen. Auf Fahrten haben wir eine ziemlich genaue Regelung, die die Handynutzung einschränken soll.

Wie sieht die denn aus?

Jana: Wir melden uns am Anreisetag, in der Mitte und am Ende der Fahrt einmal kurz bei den Eltern. Und zwar nur über SMS, denn wenn man das Internet anmacht, kommen gleich die ganzen Benachrichtigungen rein. Wir wollen, dass man gar nicht erst in Versuchung kommt nachzuschauen, wer gerade wessen Bild geliked hat. Ansonsten wird das Handy nur im Notfall benutzt.

Habt ihr Diskussionen mit Eltern, die fordern, dass ihre Kinder auf Fahrt erreichbar sein müssen?

Jana: Ja, die Eltern der Sippenführungen haben sich mal gewünscht, dass wir uns jeden Tag melden, wenn kein 18-Jähriger dabei ist. Da haben wir dann so lange diskutiert, bis wir uns auf alle zwei bis drei Tage geeinigt hatten. Bei den jüngeren Sippen war das nie ein Thema.

Torben: Den Eltern reicht es eigentlich, wenn wir uns am Anfang und Ende einer Sommerfahrt mal melden. Den Wunsch kann ich aber auch verstehen.

Gab es einen Grund, weshalb ihr eine Regelung einführen musstet?

Torben: Wir hatten das Gefühl, dass das Handy auf Fahrt gerade bei den älteren Sippen und jüngeren R/Rs zu sehr im Alltag dabei war. Insofern haben wir da Handlungspotential gesehen.

Annika, wie erlebst Du den Umgang mit Handys in deiner Sippe?

Annika: Handys spielen keine große Rolle. Wir Sipplinge nehmen auf oder in der Sippenstunde gar kein Handy mit. Man braucht es einfach nicht. Die Sifüs haben ja immer eins für den Notfall dabei.

Sind eure Regeln ungeschriebene Gesetze oder erklären die Sippenführungen das ihren Kids ganz bewusst?

Torben: Sowohl als auch. In meiner Sippe kamen die meisten aus der Meute, die kannten das also schon so. Wenn die Sipplinge älter werden, wollen die ihre Handys aber eher mal benutzen. Dann muss man das halt mal ansprechen und allen bewusst machen, was wir auf Fahrt überhaupt machen.

Werdet ihr ausgelacht, wenn ihr in der Schule erzählt, dass ihr während der ganzen Sommerfahrt kein einziges Mal euer Handy benutzt habt?

Lennard: Ein Mitschüler hat mich wirklich mal gefragt, wie ich das überlebt habe. Die meisten Leute können sich das gar nicht vorstellen, dass man auch mal zwei Wochen handyfrei hat.

Annika: Ich hab das noch nicht so erlebt, dass andere Leute ihr Handy so lange abschalten. Ich glaube meinen Mitschülern ist das nicht bewusst, dass wir da drauf verzichten.

Ist der Verzicht Teil eures Selbstverständnisses als Stamm?

Torben: Das tun wir ja nur auf Fahrt und im Lager. Die ganze Organisation des Stammes und die Kommunikation mit den Eltern laufen fast komplett über das Handy. Das ist aber etwas anderes, weil man das im Alltag ja eh benutzt. Auf Fahrt ist es aber einfach immer schön, ohne moderne Technik zu leben. Mit Handy hat man immer diesen gesellschaftlichen Stress, da muss man immer irgendwas machen.

Jana: Für mich ist dieser Wert hinter dem „Ich benutzte mein Handy nicht“ nicht einfach nur, dass ich mal abschalte von den sozialen Medien. Sondern dass ich mich intensiver auf die Menschen um mich herum konzentrieren und wirklich mit denen kommunizieren kann. Sonst führen wir ja fast immer nur über WhatsApp irgendwelche Small-Talk-Gespräche. Ich kann die Welt um mich herum ohne Handy viel bewusster wahrnehmen.

Was wäre anders, wenn auf Fahrt alle ein Handy dabei hätten?

Annika: Dann würden wir die natürlich auch benutzen, um mit den Eltern zu kommunizieren oder sich mit Freunden auszutauschen.

Lennard: Ich stell mir das so vor: alle sitzen um das Lagerfeuer, in der Mitte ein Topf im Feuer, alle starren auf ihre Handys, hören dabei Musik, niemand unterhält sich. Für mich eine totale Horrorvorstellung, weil es das Fahrtenfeeling kaputt machen würde.

Wie ist euer Stamm in den sozialen Medien vertreten?

Jana: Wir haben Facebook und posten dort regelmäßig, weil die Eltern da unterwegs sind. Für uns und andere Pfadfinderinnen und Pfadfinder in unserem Alter nutzen wir Instagram. Wir haben auch noch einen Schaukasten, aber das fällt wohl nicht unter soziale Medien.

Torben: Alle sozialen Medien haben wir natürlich auch mit unserer Homepage verlinkt. Wichtig ist uns, dass Sachen nach und nicht während der Fahrt gepostet werden.

Jana: Wir begrenzen das auch nur auf die wichtigsten Sachen. Also wir posten jetzt nicht fünfmal am Tag: Hey, wir essen gerade Nudeln mit Tomatensauce! Wir versuchen, unsere Beiträge informativ und interessant zu gestalten.

Glaubt ihr, dass euer Umgang mit Handys und sozialen Medien typisch für den BdP ist?

Torben: Es gibt Stämme, die auf das Hnady komplett verzichten, ich weiß aber auch, dass es Stämme gibt, wo das Handy ganz normal zum Alltag gehört. Deshalb denke ich, dass wir Mittelfeld Richtung „Kein Handy“ sind.

Könnte der BdP Digitalisierung sinnvoller nutzen, als er es tut? Braucht z.B. heute noch jemand ein Mitgliedermagazin in Printform?

Jana: Ich finde das sehr schön, wenn man da in seinem Zimmer sitzen kann und ein Heft durchblättern kann. Das ist für mich viel mehr Pfadfinderfeeling, als wenn ich das auf mein Handy geschickt kriege und mich dann da durchwische. Pfadfinden ist für mich, etwas in der Hand haben zu können.

Ist Pfadfinden generell mehr analog als digital?

Torben: Aktionen und Treffen sind mehr analog, während die Planung und alles, was dahinter ist, ganz schön digital läuft.

Glaubt ihr, dass Pfadfinderinnen und Pfadfinder in 20 Jahren immer noch ohne Handy auf Fahrt gehen?

Annika: Schwer zu sagen. Wenn ich mal ne Sippe hätte, würde ich das aber so weitergeben, wie wir es jetzt machen. Ich finde das gut so.

Torben: Ich hoffe, dass das so bleibt. Ich finde es aber schon auch gut, ein Handy dabei zu haben, damit man im Notfall nicht immer erstmal zehn Kilometer laufen muss, bevor man Hilfe holen kann.

 

Titelfoto: Simon Vollmeyer

0

Was denkst du?

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ausrechnen * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.